Missbrauch eines Probefahrtkennzeichens
Das kritisierte Erkenntnis ist unter diesem Link zu finden:
http://www.lvwg-ooe.gv.at/6940_DEU_HTML.htm
Diesem Erkenntnis liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Probefahrtbewilligung eines Abschleppunternehmens wurde von der zuständigen BH wegen
zahlreicher Verstöße gegen § 45 KFG aufgehoben. Angezeigt wurde dieser Sachverhalt von der
Finanzpolizei, weil aus den Probefahrtbüchern ersichtlich war, dass auf Wechselkennzeichen
zugelassene Fahrzeuge und auch Fahrzeuge, die zulassungspflichtig gewesen wären, in einer
Intensität mit Probefahrtkennzeichen verwendet wurden, die es nach den Regeln der freien
Beweiswürdigung ausschließt, dass immer die gesetzlichen Voraussetzungen des § 45 KFG für die
Verwendung von Probefahrtkennzeichen vorlagen. Außerdem wurden die Aufzeichnungspflichten
des § 45 Abs. 6 KFG sehr häufig verletzt. Der Richter sah jedoch keine ausreichenden Gründe für
die Aufhebung der Probefahrtbewilligung.
Die zahlreichen Fehler in diesem Erkenntnis werden hier unter Anführung der kritisierten Sätze (in
Fettschrift) kommentiert:
Es wurde lediglich aufgrund der großen Zahl der Verwendung des Kennzeichens auf
Wechselkennzeichen zugelassene KFZ die missbräuchliche Verwendung schlussgefolgert.
Da es keinen überzeugenden Grund gibt, ein Auto, das ohnehin auf ein Wechselkennzeichen
zugelassen ist, mit einem Probefahrtkennzeichen zu verwenden, dessen Zulassungsbesitzer
identisch ist mit dem Zulassungsbesitzer des Wechselkennzeichens, bleibt nur die Möglichkeit über,
dass mit dieser Vorgangsweise das ungenutzte Wechselkennzeichen für eines der beiden anderen
Autos verwendet werden kann, die ebenfalls auf dieses Wechselkennzeichen zugelassen sind. Da
aber von drei Autos, die auf ein Wechselkennzeichen zugelassen sind, immer nur eines verwendet
werden darf, würde durch die ungerechtfertigte Verwendung eines Probefahrtkennzeichens diese
gesetzliche Regelung durchbrochen werden.
Im Rahmen des Beweisverfahrens anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung
konnte kein gesichertes Indiz dafür erbracht werden, dass in all diesen angezeigten
Fahrten von einer missbräuchlichen Verwendung des Probefahrtkennzeichens
ausgegangen werden könnte
Diese Behauptung ist tatsachenwidrig! So wurde z.B. im Juli 2006 ein VW-Bus angekauft, der in der
mündlichen Verhandlung vom Ehegatten der Beschwerdeführerin als „Ersatzmontagewagen“
bezeichnet wurde. Dieser VW-Bus wurde erst am 30.1.2014 auf den Sohn der Beschwerdeführerin
mit einem Wechselkennzeichen angemeldet. Damit er im Notfall sofort als Ersatzwagen verfügbar
ist, hätte er zugelassen werden müssen. Er wurde jedoch rechtswidrig sehr häufig mit
Probefahrkennzeichen verwendet.
In der mündlichen Verhandlung wurde vom Ehegatten der Beschwerdeführerin vorgebracht, dass es
im Unternehmen zwei Mercedes Sprinter gab. Zugelassen (auf Wechselkennzeichen) war jedoch nur
einer! Im Probefahrtenbuch war sehr oft ein Mercedes Sprinter ohne Kennzeichen oder
Fahrzeugidentifizierungsnummer angeführt. Es ist naheliegend, dass es sich dabei um den
nichtzugelassenen Mercedes Sprinter gehandelt hat.
Die Auswertung der Probefahrtbücher ergab ein derart klares Bild eines systematischen
Probefahrtkennzeichenmissbrauchs über eine sehr lange Zeit, sodass neben den zahlreichen
Formalfehlern (fehlende Fahrzeugidentifizierungsnummern bei nichtzugelassenen Fahrzeugen bzw.
fehlende Kennzeichen bei zugelassenen Fahrzeugen, unvollständige Typenbezeichnungen), die
Aufhebung der Probefahrtbewilligung mehr als ausreichend begründet war.
Aus den Probefahrtenbüchern war ersichtlich, dass fast täglich „Probefahrten“ stattfanden und
mehrere Tage hintereinander sogar mit dem selben Auto (manchmal sogar zweimal am selben
Tag!) gefahren wurde! Diese Vorgangsweise ist mit der vorgebrachten Ausrede („war notwendig,
um die Einsatzbereitschaft zu überprüfen“) nicht mehr erklärbar und nach den Regeln der freien
Beweiswürdigung als Schutzbehauptung zu verwerfen, weil sie mit der Erfahrung des täglichen
Lebens nicht vereinbar ist.
Drei Autos, die angeblich zum Verkauf bestimmt waren, wurden regelmäßig mit
Probefahrtkennzeichen verwendet. Allerdings gab es in den Probefahrtbüchern für diese Fahrzeuge
keine Probefahrten durch Kaufinteressenten!
Aufgrund der ausschließlich aus dem Fahrtenbuch schlussgefolgerten zweifellos nicht
auszuschließenden überschießenden Verwendungspraxis kann aber kein Beweis für eine
missbräuchliche Verwendung im jeweiligen Einzelfall erblickt werden.
Wenn der Richter trotz der oa. massiven Indizien hier keinen Missbrauch von
Probefahrtkennzeichen erkennen kann, löst dies unter Fachleuten Kopfschütteln und ungläubiges
Erstaunen aus.
In aller Regel werden solche missbräuchliche Verwendungen im Rahmen einer
Fahrzeugkontrolle im Zuge einer „Probe-“(Fahrt) festgestellt und nur anhand einer
konkreten Beurteilung einer sich derart gestalteten Fahrt, kann typischerweise ein
rechtssicherer Rückschluss auf eine missbräuchliche Verwendung erfolgen.
Dieser Richter hat leider offensichtlich keine Ahnung welche zahlreichen Ausreden in der Praxis bei
Polizeikontrollen vorgebracht werden. Weil viele dieser Ausreden durch die Polizei nicht leicht
widerlegt werden können, ist es umso wichtiger, dass dann zumindest Verstöße gegen die
Aufzeichnungspflichten bestraft werden. Denn die Erfahrung zeigt, dass diejenigen, die
Probefahrtkennzeichen missbrauchen, auch die Formvorschriften des § 45 Abs. 6 KFG häufig
ignorieren.
Wenngleich der Verdacht der zurückliegenden nicht rechtskonformen Verwendungen
durchaus nahegelegen und von der Behörde offenbar als Faktum erachtet wurde, wird
dies vom Landesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund der im Rahmen der
öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffenen Feststellungen und deren Würdigung
nicht als stichhaltiger Beweis einer (vermehrten oder gehäuften) missbräuchlichen
Verwendung qualifiziert werden.
Dies zeigt leider, dass der Richter den zu beurteilenden Sachverhalt nicht richtig erkannt hat.
Offenbar hat die Beschwerdeführerschaft lediglich die alles andere als klare Rechtslage
entsprechend weit interpretiert, wobei letztlich auch nicht erkennbar ist, worin mit der
Verwendung dieser Probefahrtkennzeichen rechtlich geschützten Interessen entgegen
gewirkt wurde, zumal der Ehemann der Beschwerdeführerin in der Firma offenbar alleine
als Fahrer tätig ist, sodass eine Doppelverwendung eines auf Wechselkennzeichen
zugelassenen Fahrzeuges eher kaum vorgelegen haben dürfte
Leider ist der Richter nicht auf die Idee gekommen, dass auch Personen, die nicht bei der
Beschwerdeführerin angestellt waren, Fahrzeuge mit Wechselkennzeichen verwenden konnten,
während der Ehemann der Beschwerdeführerin ein anderes auf das gleiche Wechselkennzeichen
zugelassenes Auto in dieser Zeit mit einem Probefahrtkennzeichen verwendet hat.
Insbesondere im Rahmen des Beweisverfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht
konnte seitens der Behörde nicht untermauert werden, worin konkret diese Fahrten als
nicht im Einklang mit § 45 Abs.1 Z1 2 u. Z3 oder § 45 Abs.2 KFG erfolgt wären.
Allein die jahrelange Verwendung des VW Busses und des zweiten Mercedes Sprinter mit
Probefahrtkennzeichen sind bereits ausreichend klare Verstöße gegen § 45 KFG, weil beide
Fahrzeuge zulassungspflichtig gewesen wären.
Nicht zuletzt stellte die Beschwerdeführerschaft den fortbestehenden Bedarf und die
Voraussetzungen für die Führung eines Probefahrtkennzeichens unter Beweis.
Auch diese Behauptung ist tatsachenwidrig! In den letzten Jahren war die Beschwerdeführerin im
Autohandel nicht mehr tätig, sondern fast nur mehr als Abschleppunternehmen. Für die einzige
nachgewiesene Reparatur wäre ein Probefahrtkennzeichen nicht nötig gewesen, da dieses Auto
zugelassen war. Mit Zustimmung des Zulassungsbesitzers können Probefahrten auch ohne
Probekennzeichen durchgeführt werden.
Vom Wortlaut des § 45 Abs.1 KFG „Feststellung der Gebrauchs- u. Leistungsfähigkeit“ ist
wohl auch die Bewegungsnotwendigkeit zum Erhalt der Betriebsfähigkeit eines KFZ
umfasst zu sehen.
Damit diese Bestimmung nicht missbräuchlich zu extensiv ausgelegt werden kann, sind
selbstverständlich derartige Fahrten nur dann erlaubt, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die
Betriebssicherheit (z.B. angerostete Bremsen) durch die lange Nichtbenutzung nicht mehr gegeben
sein könnte. Aber keinesfalls können derartige Fahrten wie im vorliegenden Fall mehrmals täglich
hintereinander über mehrere Tage und manchmal sogar zweimal am selben Tag überzeugend
begründet werden.
Die gesetzlichen Voraussetzungen des als Kannbestimmung formulierten Entzugsgrundes
können seitens des Landesverwaltungsgerichtes zumindest nicht hinreichend als
gegeben erachtet gesehen werden. Es liegt aufgrund der Häufigkeit der Aktivitäten wohl
der Verdacht nahe, dass hier vom Probefahrtkennzeichen zumindest sehr extensiv
Gebrauch gemacht worden sein dürfte.
Eine korrekte Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts kann nur zum Ergebnis kommen, dass
hier systematisch gegen § 45 KFG verstoßen wurde.
diese …… Verdachtslage, liegt bereits länger zurück, sodass der ausgesprochene Entzug
zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt selbst bei erwiesener zweckwidriger
Verwendung nicht mehr sachlich gerechtfertigt wäre
Leider wurde der Finanzpolizei kurz vor der Verhandlung vom Ehegatten der Beschwerdeführerin
die Einsichtnahme in das Probefahrtenbuch mit dem Argument, dass dieses Probefahrtenbuch erst
bei der mündlichen Verhandlung beim LVwG in der Folgewoche dem Richter vorgelegt werde,
verweigert. Leider hat der Richter das in der Verhandlung vorgelegte Probefahrtenbuch über das
letzte halbe Jahr nicht ausgewertet. Sonst hätte er gesehen, dass dieser systematische Missbrauch
fortgeführt worden war. Seine Annahme, dass die „Verdachtslage“ bereits länger zurückliege ist
daher falsch!
Derartige Beweise konnten hier nicht erhoben werden
Auch diese Behauptung ist tatsachenwidrig, wie die oa. Ausführungen deutlich zeigen.
Eine solche Faktenlage kann in dem hier vorliegenden und zwischenzeitig in allen
Punkten mehr als sechs Monate zurückliegenden Anzeigesubstrat nicht gesehen werden.
Hätte der Richter die Beweise korrekt gewürdigt, wäre er zu einem anderen Ergebnis gekommen.