Kontrolle von Probefahrtkennzeichen
Variante 1: Lenker ist Kaufinteressent
Hat der Lenker die Bescheinigung über Beginn und Ende der Probefahrt mit?
(§ 102 Abs. 5 lit c KFG)
Falls das Fahrzeug bei einer Probefahrtunterbrechung angetroffen wurde:
War die Bescheinigung über Beginn und Ende der Probefahrt im Fahrzeug sichtbar hinterlegt? (§ 45 Abs. 1a
KFG)
Übersteigt das zulässige Gesamtgewicht 3,5 Tonnen?
Für derartige Fahrzeuge ist eine Probefahrt durch einen Kaufinteressenten im Gesetz nicht vorgesehen!
Falls der Kaufinteressent auch das Probefahrtenbuch mitführt:
Wurden vom Bewilligungsbesitzer alle notwendigen Eintragungen im Probefahrtenbuch (Loseblattsammlung
nicht erlaubt!) vor Beginn der Probefahrt vorgenommen?
(Datum, Vor- und Zuname des Lenkers, Automarke und Typenbezeichnung und die letzten sieben Stellen der
Fahrzeugidentifizierungsnummer bzw. bei zugelassenen Fahrzeugen das amtliche Kennzeichen, jedoch NIE das
Probefahrtkennzeichen)
Variante 2: Lenker ist KEIN Kaufinteressent oder der Käufer holt das Fahrzeug beim Verkäufer ab
Falls das Probefahrtenbuch mitgeführt wird (derzeit gesetzlich noch nicht vorgeschrieben):
Prüfung wie bei Variante 1
Erfüllt die Fahrt die Kriterien einer Probefahrt?
z.B.: Fahrt zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit, Vorführfahrt, Überführung eines
Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes durch Firmenangehörige, Fahrten zum Ort der
Begutachtung oder Überprüfung des Fahrzeuges nach dem III. und V. Abschnitt des KFG (nicht jedoch retour!),
Abholung durch den Käufer beim Verkäufer.
Führt die Fahrt über eine Freilandstraße, oder erfolgt sie an einem Sonn- oder Feiertag?
Bescheinigung über das Ziel und den Zweck der Probefahrt ist mitzuführen (§ 102 Abs. 5 lit. c KFG)
Bei Fahrten über eine Freilandstraße entfällt diese Verpflichtung (ausgenommen Sonn- und Feiertag!) nur, wenn der
KFZ-Betrieb außerhalb eines Ortsgebietes liegt.
Wird der Probefahrtschein mitgeführt?
(§ 102 Abs. 5 lit. c KFG)
Liegt eine zulässige Fahrtunterbrechung vor?
Im Gegensatz zur Variante 1 sind hier nur Fahrtunterbrechungen zulässig, die in einem funktionellen Zusammenhang mit
der behaupteten Probefahrt stehen (z.B. Tanken, Besprechung mit Interessenten anlässlich einer Vorführung) oder die
zur Befriedigung täglich wiederkehrender Lebensbedürfnisse (Essen, Trinken, WC) dienen (VwGH vom 14.3.1985,
85/02/0014). Hinter der Windschutzscheibe muss in derartigen Fällen nichts sichtbar hinterlegt werden!
Außerhalb einer Probefahrt sind Probefahrtkennzeichen ungültig!
Sollte daher ein Auto mit Probefahrtkennzeichen außerhalb einer Probefahrt, bzw. einer erlaubten
Probefahrtunterbrechung auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr abgestellt sein, ist dies genauso strafbar
wie das Abstellen von Fahrzeugen ohne Kennzeichen auf öffentlichen Straßen. (§ 36 lit b KFG)
(Das Abstellen auf öff. Straßen gilt als Verwenden!)
Die Weiterfahrt kann bei einem Probefahrtkennzeichenmissbrauch durch Abnahme der Fahrzeugschlüssel nach
§ 102 Abs. 12 KFG unterbunden werden, wenn ein Auto ohne gültige Zulassung verwendet wurde. Der
Weitertransport kann daher nur mehr mit einem Überstellungskennzeichen oder durch Abschleppen erfolgen.
Falls vorgebracht wird, dass der Rücktransport vom Kontrollort zum Firmenstandort als Überstellungsfahrt im
Rahmen des Betriebes zu sehen sei (§ 45 Abs. 1 Z.1 KFG), muss das erst gestattet werden, wenn vorher die
Eintragung im Probefahrtenbuch erfolgt und falls eine Freilandstraße befahren wird, die Bestätigung über Ziel
und Zweck der Überstellungsfahrt vom Besitzer der Probefahrtbewilligung ausgestellt wird. Als Lenker sind bei
Überstellungsfahrten im Rahmen des Betriebes nur Firmenangehörige erlaubt (VwGH 2.12.1968, 939/67).
Das BMVIT vertritt die Rechtsansicht, dass im Zuge von Probefahrten Waren-, Material- oder
Personentransporte nur gestattet sind, wenn dies der Charakter der Probefahrt erfordert.
Bei wiederholtem Missbrauch von Probefahrtkennzeichen oder wenn die Aufzeichnungspflichten des § 45 Abs.
6 KFG wiederholt nicht eingehalten werden, kann die Probefahrtbewilligung aufgehoben werden und vor Ablauf
von 6 Monaten darf keine neue Bewilligung erteilt werden! (§ 45 Abs. 6a KFG)
Der Missbrauch von Probefahrtkennzeichen begründet immer auch den Verdacht einer Abgabenverkürzung, da
für diese Fahrten keine Kfz-Steuer bezahlt wird und ist daher nach § 81 Finanzstrafgesetz der zuständigen
Finanzstrafbehörde mitzuteilen. Dies kann mit einer Email an die Adresse post.abb-finpol-diac@bmf.gv.at erfolgen.
Häufige Einwände bei Probefahrtkontrollen:
Falls der Lenker mit dem Inhaber der Probefahrtbewilligung identisch ist, wird immer wieder eingewendet,
dass er die Bestätigung über Ziel und Zweck der Probefahrt bei Fahrten außerhalb eines Ortsgebietes nicht
mitführen müsse, weil diese Rechtsansicht auch in einer Broschüre der WKO, die von einem Beamten des
BMVIT verfasst wurde, vertreten wird. Diese Rechtsansicht steht im klaren Gegensatz zum Gesetzeswortlaut (§
102 Abs. 5 lit. c KFG)! Die Erfahrung der Finanzpolizei hat gezeigt, dass überwiegend die Inhaber von
Probefahrtbewilligungen Probefahrtkennzeichen für Privatfahrten missbrauchen. Die Bestätigung über das Ziel
und den Zweck der Probefahrt soll die Missbrauchsmöglichkeiten einschränken, weil bei einer Polizeikontrolle,
das auf dieser Bestätigung angegebene Ziel mit dem Kontrollort vereinbar sein muss.
Sehr oft wird auch vorgebracht, dass Probefahrten durch Firmenangehörige nicht in das Probefahrtenbuch
einzutragen seien, weil angeblich dieses Buch nur dazu diene, dass bei Park- oder Geschwindigkeitsdelikten
festgestellt werden könne, wer zu bestrafen sei. Wenn die Fahrt nicht im Probefahrtenbuch aufscheine, müsse
ohnehin die Firma, auf die die Probefahrtbewilligung laute, die Strafe bezahlen. Diese Rechtsansicht steht im
Widerspruch zum Gesetzestext und verkennt außerdem, dass das Probefahrtenbuch auch noch Aufschluss
darüber geben soll, ob ein systematischer Missbrauch von Probefahrtkennzeichen vorliegt (z.B. wenn die
Gattin des Chefs immer wieder mit den neuesten Automodellen sehr oft unterwegs ist).
Aufhebung von Probefahrtbewilligungen:
Seit 9.6.2016 ist für die Erteilung einer Probefahrtbewilligung gemäß § 45 Abs. 3 Z.4 KFG eine Bestätigung des
zuständigen Finanzamtes erforderlich, dass gegen die beantragte Probefahrtbewilligung keine steuerlichen
Bedenken bestehen. Das Nichtbestehen steuerlicher Bedenken gegen eine Probefahrtbewilligung gehört also zu
den notwendigen Erteilungsvoraussetzungen.
Gemäß § 45 Abs. 6a KFG ist die Probefahrtbewilligung aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für ihre
Erteilung nicht mehr gegeben sind. Dies bedeutet, dass eine erteilte Probefahrtbewilligung aufzuheben ist,
wenn bei jener Kraftfahrbehörde, die die Probefahrtbewilligung erteilt hat, eine Mitteilung des zuständigen
Finanzamtes eintrifft, dass gegen diese Probefahrtbewilligung nunmehr steuerliche Bedenken bestehen (weil
z.B. diese Probefahrtbewilligung für Abgabenverkürzungen verwendet wurde). Die Aufhebung wegen
wiederholtem Missbrauch oder weil die Vorschriften des § 45 Abs. 6 KFG verletzt wurden, ist eine
Ermessensentscheidung der Kraftfahrbehörde („kann“). Die Aufhebung der Probefahrtbewilligung wegen des
Wegfalls der steuerlichen Unbedenklichkeit liegt nicht mehr im Ermessen der Kraftfahrbehörde, sondern ist
zwingend vorzunehmen („ist“).