Im Erlass des BMVIT vom 19.3.2015, GZ. BMVIT-179.474/0005-IV/ST4/2015, wird im Punkt 2.4 angeführt, dass im Zuge von Straßenkontrollen die ausländischen Kennzeichen sofort vor Ort abgenommen werden können, wenn der Verstoß gegen § 82 Abs. 8 KFG eindeutig und zweifelsfrei festgestellt wird. Das Wort „können“ wurde offensichtlich deshalb gewählt, weil neben der Kennzeichenabnahme auch noch eine Wahlmöglichkeit für andere Zwangsmaßnahmen besteht (Radklammer oder Abnahme der Fahrzeugschlüssel). Da Polizisten einen festgestellten rechtswidrigen Sachverhalt mit allen ihnen gesetzlich zur Verfügung stehenden Mitteln beenden müssen und auch § 36 KFG zwingend ist, besteht kein Zweifel, dass bei eindeutigen Sachverhalten die Weiterfahrt ohne gültige Zulassung nicht gestattet werden darf und daher durch Zwangsmaßnahmen verhindert werden muss. Die Vermutung, dass im Rahmen einer Straßenkontrolle nicht mit ausreichender Sicherheit alle relevanten Umstände festgestellt werden können, trifft für die Mehrheit der angezeigten Verdachtsfälle nicht zu und ist durch die Praxiserfahrungen mehrerer Jahre widerlegt. Um die Entscheidung zu erleichtern, welche Sachverhalte als eindeutige Verletzung der inländischen Zulassungspflicht angesehen werden können, werden hier einige Beispiele aus der Praxis aufgezählt, bei denen die Weiterfahrt durch Zwangsmaßnahmen unterbunden werden muss: Vorbemerkung zu allen Beispielen: Es wird jeweils davon ausgegangen, dass der inländische Lebensmittelpunkt deshalb eindeutig ist, weil die kontrollierte Person mit Ehepartner und Kinder bereits seit Jahren in der gemeinsamen Wohnung in Österreich lebt. Auch das Überschreiten der erlaubten Monatsfrist muss zweifelsfrei sein. Dies könnte z.B. aus der eigenen Aussage der kontrollierten Person abgeleitet werden. Beispiel 1: Der polnische Lenker, der seit Jahren in Österreich lebt, erklärt bei der Polizeikontrolle, dass er deshalb das Auto auf seine polnische Adresse zugelassen habe, weil die polnische Kfz-Steuer und Haftpflichtversicherung nur einen Bruchteil der öst. Kosten betragen würde. Außerdem fahre er ohnehin mindestens fünf- bis sechsmal pro Jahr nach Polen. Rechtliche Würdigung: Bei diesem Sachverhalt steht außer Zweifel, dass die ausländische Zulassung nach öst. Recht ungültig geworden ist und daher die Weiterfahrt ohne gültige inländische Zulassung durch Zwangsmaßnahmen verhindert werden muss. Beispiel 2: Der Lenker bringt vor, dass er für das kontrollierte Auto mit ausländischen Kennzeichen bereits die Nova bezahlt habe und zeigt auch den Steuerbescheid mit Einzahlungsnachweis vor. Zusätzlich behauptet er, dass ihm der zuständige Finanzbeamte gesagt habe, dass er weiterhin mit den ausländischen Kennzeichen fahren könne, wenn er immer rechtzeitig die Kfz-Steuer pro Vierteljahr bezahle. Außerdem wendet der Lenker ein, dass es doch nicht sein könne, dass innerhalb der EU die Zulassung eines anderen Mitgliedslandes in Österreich ungültig würde. Rechtliche Würdigung: wie bei Beispiel 1 Zusätzlich wird angemerkt, dass die steuerliche Behandlung des kontrollierten Autos keinen Einfluss auf die kraftfahrrechtliche Beurteilung hat. Der EuGH hat die öst. Rechtslage mit Urteil vom 21.3.2002, C-451/99, geprüft und nicht als gemeinschaftsrechtswidrig befunden. Er hat lediglich die damals geltende Frist von 3 Tagen als zu kurz bemängelt. Beispiel 3: Der Lenker erklärt, dass es sich um ein Leasingauto eines ausländischen Leasingunternehmens handle und er es daher in Österreich nicht zulassen könne, weil die ausländische Leasinggesellschaft die dafür erforderliche Zustimmung verweigert. Rechtliche Würdigung: wie bei Beispiel 1 Zusätzlich wird angemerkt, dass das erwähnte Zulassungshindernis nichts an der inländischen Zulassungspflicht ändert. In derartigen Fällen, muss eine inländische Autoleasingfirma gefunden werden, die das Auto der ausländischen Leasingfirma abkauft. Beispiel 4: Der Lenker bringt vor, dass er auch noch im Ausland einen Hauptwohnsitz habe, den er öfters pro Jahr aufsuche. Es könne daher der öst. Hauptwohnsitz nicht allein entscheidend sein. Rechtliche Würdigung: wie bei Beispiel 1 Zusätzlich wird angemerkt, dass sich der Hauptwohnsitz am Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet. Es könne daher begrifflich nur einen Lebensmittelpunkt geben. Auch wenn jemand im Ausland mit Hauptwohnsitz gemeldet ist, aber in Österreich mit Ehepartner und Kind lebt, ist nach der Judikatur des VwGH (18.2.97, 95/11/0338) der gemeinsame Ehewohnsitz als Lebensmittelpunkt und somit Hauptwohnsitz anzusehen, der gem. § 82 Abs. 8 KFG die gesetzliche Vermutung des dauernden inländischen Fahrzeugstandortes auslöst. Beispiel 5: Der Lenker legt eine beglaubigte und übersetzte Vollmacht des ausländischen Zulassungsbesitzers vor, aus der ersichtlich ist, dass er das kontrollierte Auto auf unbestimmte Zeit benützen darf. Aufgrund des Ausstellungsdatums der Vollmacht kann abgeleitet werden, dass dieses Auto schon seit vielen Monaten im Inland verwendet wird. Der Lenker wendet ein, dass er mit diesem Auto die meisten Kilometer im Ausland fährt. Er führe allerdings kein Fahrtenbuch. Rechtliche Würdigung: wie bei Beispiel 1 Zusätzlich wird angemerkt, dass die bloße Behauptung des überwiegenden Fahrens im Ausland, selbst dann, wenn dies durch ein sehr genaues lückenloses Fahrtenbuch bewiesen werden könnte, nicht ausreicht, um den dauernden inländischen Fahrzeugstandort zu widerlegen. Wer den dauernden Fahrzeugstandort im Inland bestreitet, muss einen konkreten  dauernden Fahrzeugstandort im Ausland beweisen (VwGH v. 21.9.2006, Gz. 2006/15/0025).
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